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Was verursacht schweres Übergewicht, Adipositas?

Adipositas ist eine chronische Erkrankung, welche allerdings als solche in Österreich noch nicht vollständig anerkannt ist. Daher werden konservative Therapien zum Gewichtsverlust derzeit meist nicht oder nur teilweise von Krankenkassen finanziell übernommen1,4.

Fettleibigkeit wird von vielen Faktoren beeinflusst, wobei einige außerhalb unserer Kontrolle liegen3

Nahrungsaufnahme und Bewegung

Eine Ursache für Fettleibigkeit ist ein Ungleichgewicht zwischen Energiezufuhr (Nahrungsaufnahme) und Energieverbrauch (z.B. Energieverbrennung durch körperliche Aktivität)3.

In unserem heutigen Leben, in dem der Faktor Zeit eine wichtige Rolle spielt, wird auf energieintensiveres Essen, welches viel an Kohlehydraten/Zucker und Fett enthält, zurückgegriffen. Diese Lebensmittel sind oft billiger, schneller verfügbar und praktischer für Menschen mit einem geschäftigen Alltag5.

Lange Anfahrten zum Arbeitsplatz mit dem Auto, Schreibtischarbeit und Wohnumgebungen mit nur wenigen oder keinen Grünflächen erschweren es andererseits, ausreichend Bewegung machen2,3.

Appetitsignale und Hormone

Chemische Botenstoffe in unserem Blut (Hormone) steuern das Gefühl von Hunger und Sattheit. Nach dem Essen verschwinden die Hungerhormone und Sättigungshormone überwiegen und wir hören mit dem Essen auf 6,7.

Bei adipösen Menschen kann es sein, dass diese Hormone nicht in dieser Weise wirken und sie dadurch mehr Nahrung aufnehmen müssen, bevor sie sich satt fühlen. Dadurch kann es schwieriger sein, Gewicht zu verlieren oder überhaupt zu halten7,8.

Gene

Auch Gene spielen eine Rolle dabei, ob sich eine Fettleibigkeit entwickelt. Studien an Zwillingen, die in unterschiedlichen Familien aufgewachsen sind, haben ergeben, dass Gene einen Einfluss darauf haben, ob eine Neigung zur Gewichtszunahme besteht oder nicht9,10.

Kulturelle Hintergründe

Kulturelle Hintergründe, wie z.B. ein Lebensmittelpunkt in sozioökonomisch schwächeren Regionen oder ländlichen Gebieten, können mit höherer Wahrscheinlichkeit zu Adipositas führen. Gründe sind unter anderem, dass natürliche Lebensmittel durch hoch verarbeitete ersetzt werden11,12.

Stress

Prinzipiell ist Stress eine natürliche Reaktion auf herausfordernde Situationen. Langandauender Stress kann jedoch ein Problem für Ihre Gesundheit darstellen. Bei Stress steigt der Cortisolspiegel im Blut, was unter anderem unseren Appetit steigert. Bei hohem Cortisolspiegel werden tendenziell weniger gesunde Lebensmittel (Fastfood bei Zeitmangel, sehr kohlehydratreiche Speisen) gewählt11. Diese Lebensmittel werden vom Körper auch oft langsamer verarbeitet, was zu einer Gewichtszunahme führen kann13.

Schlafverhalten

Qualität und Quantität (Dauer) des Schlafens können ein Risikofaktor für Fettleibigkeit sein. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die häufig zu wenig Schlaf bekommen, Hormonveränderungen im Körper haben, welche ihren Appetit steigern und eine Gewichtszunahme begünstigen14. Auch Schichtarbeit in der Nacht gilt aus diesem Grund als Risikofaktor für die Entwicklung von Fettleibigkeit15.

Medikamente

Einige Arzneimittel können unser Gewicht beeinflussen, insbesondere wenn sie über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Dabei gibt es Medikamente, welche den Hunger anregen und andere, die den Stoffwechsel des Körpers beeinflussen16,17.

Falls Sie vermuten, dass ein von Ihnen eingenommenes Arzneimittel zu Ihrer Gewichtszunahme beiträgt, besprechen Sie dies mit Ihrem/r Arzt/Ärztin, um eine Lösung zu finden. Die Einnahme des Medikaments sollte nicht selbstständig abgebrochen werden.

Umweltfaktoren

Der Wohnort sowie der Arbeitsplatz können sich direkt auf das Gewicht auswirken. Menschen, die in ländlichen Regionen leben, sind im Vergleich zu Menschen in Städten häufiger übergewichtig oder fettleibig. Gründe dafür sind unter anderem höhere Preise für gesunde Lebensmittel und weniger Zugang zu Sport- und Bewegungsstätten. Essensangebote am Arbeitsplatz für Mitarbeiter:innen können ebenfalls stark an Qualität variieren11,12.

Weitere Einflussfaktoren sind ein genereller Zugang zu frischen und gesunden Nahrungsmitteln und Werbung, welche den Konsum von kalorienreichen Nahrungsmitteln fördern18,19.

Referenzen:

  1. Österreichische Adipositas Allianz (01/04/2023). Ziele. https://www.adipositas.at/#ziele
  2. World Health Organization (01/04/2023). Obesity and Overweight. https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/obesity-and-overweight
  3. Österreichische Adipositas Gesellschaft (01/04/2023). Was ist Adipositas? https://www.adipositas-austria.org/was-ist-adipositas.html
  4. World Health Organization (01/04/2023). Es ist Zeit zu erkennen, dass Adipositas eine Krankheit ist – Österreich baut ein nationales Behandlungssystem auf. https://www.who.int/europe/de/news/item/08-09-2022-time-to-accept-that-obesity-is-a-disease---austria-is-building-a-national-system-to-treat-it
  5. Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (01/04/2023). Ernährungsempfehlungen. https://www.ages.at/mensch/ernaehrung-lebensmittel/ernaehrungsempfehlungen
  6. Yeung AY and Tadi P. Physiology, Obesity Neurohormonal Appetite And Satiety Control. StatPearls. Treasure Island (FL), 2022.
  7. Neary MT and Batterham RL. Gut hormones: implications for the treatment of obesity. Pharmacol Ther 2009; 124: 44-56. 2009/06/30. DOI: 10.1016/j.pharmthera.2009.06.005.
  8. Li L, Decker AM, Stobaus N, et al. Weight loss did not modify macronutrient specific response of hormones and satiety in overweight and obese people without metabolic disease - results from a clinical trial. Clin Nutr 2022; 41: 948-957. 2022/03/19. DOI: 10.1016/j.clnu.2022.02.004.
  9. Silventoinen K, Li W, Jelenkovic A, et al. Changing genetic architecture of body mass index from infancy to early adulthood: an individual based pooled analysis of 25 twin cohorts. Int J Obes (Lond) 2022; 46: 1901-1909. 2022/08/10. DOI: 10.1038/s41366-022-01202-3.
  10. Silventoinen K and Konttinen H. Obesity and eating behavior from the perspective of twin and genetic research. Neurosci Biobehav Rev 2020; 109: 150-165. 2020/01/22. DOI: 10.1016/j.neubiorev.2019.12.012.
  11. van Diepen RJ, van Erpecum CL, Tabak D, et al. Neighborhood socioeconomic differences in BMI: The role of fast-food outlets and physical activity facilities. Obesity (Silver Spring) 2022 2022/12/28. DOI: 10.1002/oby.23617.
  12. Gensthaler L, Felsenreich DM, Jedamzik J, et al. Trends of Overweight and Obesity in Male Adolescents: Prevalence, Socioeconomic Status, and Impact on Cardiovascular Risk in a Central European Country. Obesity surgery 2022 2022/01/19. DOI: 10.1007/s11695-021-05867-z.
  13. Dirksen C, Graff J, Fuglsang S, et al. Energy intake, gastrointestinal transit, and gut hormone release in response to oral triglycerides and fatty acids in men with and without severe obesity. Am J Physiol Gastrointest Liver Physiol 2019; 316: G332-G337. 2018/12/07. DOI: 10.1152/ajpgi.00310.2018.
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