Antworten vom Schmerz-Spezialisten Neurostimulation
Chronische Schmerzen
Sie haben einen Link angeklickt, der auf eine andere Website führt. Wenn Sie fortfahren, verlassen
Sie diese Website und werden zu einer Website weitergeleitet, die außerhalb unseres Verantwortungsbereichs liegt. Medtronic Deutschland prüft oder kontrolliert den Inhalt von Websites nicht, die außerhalb unseres Verantwortungsbereichs liegen. Wir haften nicht für geschäftliche Vorgänge oder Abschlüsse, die Sie auf solchen fremden Websites tätigen. Ihre Nutzung fremder Websites unterliegt den Nutzungsbedingungen und den Datenschutzbestimmungen der jeweiligen Website.
Ihr Browser ist nicht auf dem aktuellen Stand.
Mit einem aktualisierten Browser können Sie die Website von Medtronic besser nutzen. Browser jetzt aktualisieren.
Dieser Bereich unserer Website richtet sich an Angehörige der medizinischen Fachkreise (Ärzte, Pflegeberufe, Krankenhausverwaltung, Krankenkassen etc.).
Patienten finden Informationen hier.
Chronische Schmerzen
Patienten mit chronischen Schmerzen, die vor der Entscheidung für oder gegen die Implantation eines Schmerzschrittmachers oder einer Schmerzpumpe stehen, haben viele Fragen. Priv-Doz. Dr. med. Heinrich Ebel, Facharzt für Neurochirurgie, hat langjährige Erfahrung mit beiden Therapien und gibt auf dieser Seite Antworten auf die häufigsten Fragen von Patienten.
Dr. med. Heinrich Ebel
Facharzt für Neurochirurgie
Welche Vorteile sehen Sie in der Therapie chronischer Schmerzen mit einem Schmerzschrittmacher?
Wenn Patienten mich nach den Vorteilen fragen, sage ich ihnen, dass bei hoher Wirksamkeit der Therapie ein autonomes Leben wieder ermöglicht werden kann und auch eine gewisse Unabhängigkeit von den behandelnden Ärzten erreicht werden kann. Patienten sind nicht mehr allein auf eine medikamentöse Schmerztherapie angewiesen, die häufig auch sehr viele Nebenwirkungen hat.
Außerdem erzähle ich den Patienten, dass sie in der Lage sein können, die Stimulation den Schmerzen anzupassen, sowohl in der Zeit als auch in der Intensität. Somit ermöglicht die Therapie im Gegensatz zu anderen Behandlungen, ein aktives Einbeziehen des Patienten. Er ist aktiv beteiligt, wenn es um die Einstellung der Stromstärke und der Amplitude geht. Bei anderen Behandlungsformen sind Patienten eher passiv und können weniger selbst Einfluss nehmen.
Welchen Einfluss kann die Rückenmarkstimulation auf das alltägliche Leben eines Patienten haben?
Viele Patienten ziehen sich vor der Therapie aufgrund ihrer chronischen Schmerzen aus dem alltäglichen Leben zurück. Durch die Stimulation kann es möglich werden, seiner Beschäftigung wieder nachzugehen und sein soziales und familiäres Leben wieder aufzubauen und bestenfalls normal weiterzuführen.
Was würden Sie Patienten empfehlen, wann sie über eine Neurostimulation nachdenken sollten? Also zu welchem Zeitpunkt ihres Krankheitsverlaufs würden Sie zu einer Rückenmarkstimulation raten?
Wichtig ist, zuvor zwischen neuropathischem und nozizeptivem Schmerz zu unterscheiden. Die Konzentration auf die neuropathischen Schmerzsyndrome, die klar definiert sind, ermöglicht eine gute Auswahl geeigneter Patienten.
Bei Versagen von konservativen Therapieansätzen und bei Versagen der medikamentösen Therapie ist darüber nachzudenken, einen Neurostimulator einzusetzen. Ich würde das persönlich nicht in einer Stufentherapie sehen, d.h. man muss nicht alle Möglichkeiten vorher austesten, bevor der Neurostimulator infrage kommt. Ich sehe die Rückenmarkstimulation nicht als Therapie letzter Wahl.
Wie etabliert ist die Therapie und wie erfahren ist man in Deutschland mit der Rückenmarkstimulation?
Die Rückenmarkstimulation ist ein etabliertes Therapieverfahren seit Ende der 60er Jahre, welches sich besonders in den Beneluxländern stark durchgesetzt hat und in Deutschland vergleichsweise recht unbekannt ist. So ist beispielsweise die Anzahl der Implantationen in den Beneluxländern deutlich höher.
Tatsächlich gibt es bereits sehr viel Erfahrung mit der Therapie, da diese seit den 70er/80er Jahren von vielen Ärzten getestet worden ist und sich viele dafür eingesetzt haben.
Die Zulassung für die Therapie chronischer Schmerzen hat Medtronic 1976 bekommen. Die erste Elektrodenimplantation fand allerdings schon 1967 statt. Erstimplantation in Deutschland war 1972.1
Daher kann man schon lange nicht mehr von einem experimentellen Status sprechen, so wie es im Internet noch vielfach zu lesen ist. Jährlich werden mehr als 1000 Patienten mit der Therapie versorgt. Meiner Meinung nach, ist Neuromodulation eine etablierte Therapie, die in das Behandlungskonzept gehört.
Viele Patienten, die Bedenken bezüglich der Therapie haben, sorgen sich vor allem vor dem Eingriff selbst. Was sagen Sie solchen Patienten?
Zum einen sage ich den Patienten, dass es eine reversible Methodik ist, nicht destruktiv.2 Das bedeutet, der Stimulator kann jederzeit ausgeschaltet oder wenn notwendig auch entfernt werden.
Zweitens ist es eine Methode, die im Vorfeld getestet wird. Erst sollte die Elektrode gelegt werden. Dies ist mit geringem Aufwand und Risiko möglich.
Die Therapie greift in den physiologischen Prozess der Schmerzverarbeitung ein und supprimiert3 diesen. Destruktive Verfahren hingegen sind zu dieser Veränderung der physiologischen Schmerzverarbeitung nicht in der Lage. Die Durchführung von destruktiven Verfahren, war früher zudem mit einem sehr hohen Risiko behaftet.
Wenn Sie nach realistischen Erwartungen gefragt werden, was sagen Sie Ihrem Patienten dann?
Bei einem zugrunde liegenden Schmerzsyndrom würde ich sagen, dass ich mit einer Erwartung von 80% mit einer Verbesserung bzw. mit einer positiven Beeinflussung des Schmerzsyndroms rechne.
Sobald es zur Implantation eines Schrittmachers kommt, kann sich diese Erfolgsrate auf ca. 60% verringern, was damit zu begründen ist, dass es Verwachsungen um die Elektrode gibt und dass aufgrund dessen der Stimulationseffekt schlechter werden kann. Allerdings haben wir auch Patienten, die vor über 10 Jahren einen Schrittmacher bekommen haben und immer noch wirksam stimulieren können.
Die Schmerzlinderung sollte in der Testphase über 50% betragen, damit es zur Implantation kommt.
Medtronic beschreibt die Therapie als wirksam, sobald die Schmerzlinderung über 50% beträgt. Was sagen Sie?
Aufgrund von Erfahrung ist man schon recht früh in der Lage, einen Erfolg abzuschätzen. Dafür ist es beispielsweise nötig, dass der Patient ein gutes Verständnis für die Therapie als solche hat und bereit ist, sich auf dieses Therapieverfahren einzulassen und diesem Therapieverfahren auch zu vertrauen.
Ein Schmerzsyndrom als neuropathisch zu definieren und sich an diese Definition zu halten, ist gut möglich, wenn man sich täglich mit solchen Dingen beschäftigt. So können auch realistische Erwartungen mit dem Patienten geteilt werden.
Die Erfahrung im Umgang mit der Therapie und das mögliche Testverfahren ermöglichen es, einen guten Eindruck von der Wirksamkeit bei jedem einzelnen Patienten zu bekommen.
Wie läuft eine Teststimulation für den Patienten ab? Worauf muss sich dieser einstellen?
Idealerweise wird der erste Eingriff der Elektrodenimplantation unter Lokalanästhesie durchgeführt. Es kann aber sein, dass man die Elektrode wegen bestehender starker Schmerzen nicht implantieren kann, dann wird der Eingriff bei uns unter einer Kurznarkose durchgeführt. Um mögliche Komplikationen, wie z.B. eine Disolzierung4 der Elektrode, was früh passieren kann, zu verhindern, sind Patienten in unserem Haus angehalten, in den ersten Stunden nach der Operation Bettruhe einzuhalten.
Wenn Patienten für die Testung nicht stationär bleiben, werden sie, wenn die Elektrode liegt, bereits am Abend entlassen. Da wir großen Wert darauf legen, dass die Testung im häuslichen Umfeld durchgeführt wird, sollen Patienten möglichst früh nachhause gehen, um dort die Testung durchzuführen und natürlich zu dokumentieren.
Welche Risiken existieren bei der Testung? Was muss beachtet werden?
Wichtig ist, dass ein Schmerztagebuch geführt wird, d.h. es sollte dokumentiert werden, mit welcher Dauer und mit welcher Intensität Patienten stimulieren und mit welchem Erfolg. Möglicherweise sollte auch über die empfundene Schmerzstärke Tagebuch geführt werden (z.B. mit der VAS-Visuell Analog Skala).
Zu den Komplikationen lässt sich sagen, dass in der Regel nur allgemeine Komplikationen auftreten wie bspw. eine Infektionskomplikation beim Legen der Testelektrode, die aber extrem selten sind. Auch Nachblutungen sind theoretisch möglich. Ich habe diese in 30 Jahren Anwendung allerdings nie gesehen. Hingegen sind Elektroden-Dislokationen schon aufgetreten. Eine weitere Komplikation wäre, dass die Elektrode nicht am Wirbelbogen vorbei kommt, dann muss offen operiert werden. Verletzungen an den Nerven irgendeiner Art habe ich bisher aber noch nie gesehen.
Wenn der Arzt merkt, dass die Implantation nicht sofort problemlos durchführbar ist, ist es ratsam, den Eingriff am nächsten Tag unter einer Kurznarkose durchzuführen. Wenn man merkt, der Patient verträgt etwas nicht gut, wird sehr schnell gehandelt.
Nach einer langen, oft jahrelangen Odyssee vieler Patienten auf der Suche nach der richtigen Diagnose und einer möglichen Behandlung, sind viele Patienten natürlich sehr vorsichtig und sensibel. Aus der Erfahrung heraus könnte man aber dennoch die Zahl derjenigen, bei denen die Operation abgebrochen und am nächsten Tag fortgeführt wird auf ca. einer aus zehn schätzen. Die Erfahrungen mit dieser Herangehensweise sind durchweg positiv. Das Abschätzen der korrekten Platzierung der Elektrode ist zum Großteil Erfahrungssache.
Kann die Rückenmarksstimulation Schmerzen heilen?
Die Rückenmarksstimulation nicht, aber bei der peripheren Nervenstimulation ist es so, dass dort, meiner Meinung nach, Regenerationsmöglichkeiten existieren und das Schmerzsyndrom ausgeheilt werden kann. Dies ist bei der Rückenmarksstimulation nicht der Fall. Wenn es allerdings doch vorkommt, sind es Einzelfälle die beschrieben werden. Begünstigende Faktoren müssen dafür vorhanden sein.
Diese Modulationen sind allerdings morphologisch noch nicht zu erklären.
Bemerkenswert sind auch die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten des Stimulators, so z.B. die Behandlung von Wachkoma-Patienten oder die Motor Cortex Stimulationen.
Weiterführend muss man sagen, dass die erfolgreichste Indikation der Angina Pectoris-Schmerz ist. Hier erreichen wir die beste Schmerzlinderung. Leider werden dennoch nur sehr wenige Patienten in der Neurologie/Neurochirurgie vorstellig. Hier wäre ein Sinneswandel der Kardiologen wünschenswert.
Welche Spuren hinterlässt der Eingriff? Gibt es Narben, die zurückbleiben?
Ja, die Narben sind am Rücken ca. 2-3 cm lang. Hinzu kommt die Untertunnelung zum Impulsgeber, die durch einen Hilfsschnitt entlastet wird. Der Hilfsschnitt in der Flankenregion ist nicht mal einen Zentimeter groß und wird um einen leicht bogenförmigen Schnitt über dem Impulsgeber im Bereich des unteren Bauchs, je nachdem wo der Impulsgeber liegt, ergänzt. (Länge ca.5 cm) Patienten haben also 2 kleine linienförmige Narben am Rücken und eine vorne am Bauch.
Der Impulsgeber selbst hat nur ca. eine Höhe von bis zu 8 mm. Bei nicht ausreichend sicherer Platzierung gab es allerdings schon Fälle bei denen sich der Impulsgeber aufgerichtet hat und deshalb neu fixiert werden musste. Es ist bisher aber noch nicht vorgekommen, dass sich ein Patient aufgrund des Eingriffs kosmetisch gestört fühlte.
Gibt es Nebenwirkungen in Bezug auf die Langzeittherapie?
Es ist beschrieben, dass Abhängigkeiten existieren, auch wenn ich diese persönlich noch nicht erlebt habe. Eine mögliche Langzeitfolge wäre, dass die Effektivität der Therapie auf Dauer minimal nachlässt. Hier kann aber mit einer neuen Einstellung des Stimulators geholfen werden. Langzeitnebenwirkungen direkt existieren meiner Meinung nach nicht.
Ab wann beginnt die Therapie mit einem Schmerzschrittmacher zu wirken?
Sofort! Im Grunde direkt auf dem OP-Tisch. Sobald die Elektrode liegt und die Testphase beendet wurde, ist der Patient schon in der Lage anzugeben, ob er eine Schmerzsuppression (Schmerzlinderung) spürt. Innerhalb einer Woche sollte dann eine Einstellung der Stimulationsparameter (Umkehrung der Elektroden; Änderung der Intensität) abgeschlossen sein. Die Testphase sollte man nach möglichst kurzer Zeit abschließen, aufgrund von Infektionskomplikationen. Die Wirksamkeit in der Testung muss vorhanden sein, da sich diese Wirksamkeit im Verlauf kaum ändert.
Was kann die Neurostimulation einem Patienten ermöglichen?
Die Neurostimulation zur Behandlung chronischer Schmerzen ermöglicht bei erfolgreicher Therapie wieder ein ganz normales Leben. Sei es Sport oder andere körperliche Aktivitäten, die Elektrode oder der Schrittmacher stören im Normalfall dabei nicht.
Kann man mit dem Schrittmacher eine MRT-Untersuchung bekommen?
Einige Schrittmacher sind inzwischen Ganzkörper-MRT-fähig. Und ein für mich wichtiger Hinweis für Patienten ist zudem, dass die Stimulatoren mittlerweile wieder aufladbar sind.
Angaben von Medtronic
Bei neurodestruktiven Verfahren bzw. der Neurodestruktion (Synonyme: Neuroablation, Neurolyse, Neurochirurgische Schmerztherapie) handelt es sich um einen invasiven, destruierenden ("zerstörenden") Eingriff zur langfristigen Ausschaltung von Nerven bzw. Nervengeflechten. Diese schmerztherapeutische Maßnahme zielt auf die sensible Funktion der Nerven und ist in der Regel meist temporär wirksam, da z. B. regenerative Prozesse fortschreiten und eventuell ein erneutes Eingreifen erfordern.
Supprimieren: den Schmerz verdrängen/hemmen/unterdrücken
Veränderung der Lage, Verrutschen